Das Modellprojekt, das Menschen ohne Versicherung eine medizinische Versorgung ermöglicht, läuft zum Spätsommer aus. Aufgrund der erfolgreichen Arbeit des federführenden Vereins „Anonymer Krankenschein Bonn“ (AKSB) und der Bedeutung für das Recht auf gesundheitliche Versorgung empfiehlt die Verwaltung dem Rat, das Projekt für weitere drei Jahre zu finanzieren.
Die Initiative der Stadt Bonn, das Projekt Anonymer Krankenschein Bonn (AKSB) zu finanzieren, hat die Gesundheitsversorgung aller Menschen in Bonn erheblich verbessert. Sie stellt eine sichere Anlaufstelle („Clearingstelle“) für Menschen ohne Krankenversicherung dar. Die Clearingstelle unterstützt durch eine umfassende und vertrauensvolle Sozialberatung zum Thema Krankenversicherung in Verbindung mit Aufenthaltsstatus und Leistungsansprüchen und deckt medizinische Behandlungen ab. Die befristete Laufzeit des Modellprojekts endet im September 2024. Die Verwaltung schlägt dem Rat der Stadt Bonn nun vor, das Modell Anonymer Krankenschein Bonn für weitere drei Jahre zu finanzieren. Die erforderliche Summe von insgesamt 995.539 Euro wurde vom Amt für Soziales und Wohnen sowie dem Verein AKSB kalkuliert. Die Förderung erstreckt sich über den Zeitraum vom 1. Oktober 2024 bis zum 30. September 2027.
Oberbürgermeisterin Katja Dörner erklärt, dass ein Menschenrecht auf Gesundheitsversorgung bestehe. Sie betont, dass es in einem wohlhabenden Land wie dem unseren und speziell in unserer Stadt inakzeptabel sei, Menschen von medizinischer Hilfe auszuschließen. Sie zeigt Dankbarkeit für den engagierten Verein Anonymer Krankenschein Bonn. Die vergangenen drei Jahre hätten deutlich gemacht, wie wichtig die Arbeit des Vereins sei und dass die Förderung fortgesetzt werden müsse, um Menschen ohne Krankenversicherung in Bonn nicht allein zu lassen.
Die Anzahl der Patient*innen, die den AKSB bisher aufgesucht haben, übersteigt die vorherigen Schätzungen deutlich: Von November 2021 bis November vergangenen Jahres waren es 405 Menschen. Dies verdeutlicht, dass auch in Bonn viele Personen existieren, die durch alle sozialen Netze fallen. Die Hintergründe hierfür seien vielschichtig. Die Menschen würden auf das Angebot des Anonymen Krankenscheins aufmerksam, dank einer gelungenen Vernetzung des Vereins innerhalb der Bonner Beratungsstruktur.
Mehr als 30 Prozent der Hilfesuchenden könnten in die Regelversorgung integriert werden. Durch die Förderung des AKSB mache die Stadt Bonn daher einen großen Schritt hin zur Umsetzung des Menschenrechts auf Gesundheitsversorgung. Die Finanzierung des Projektes durch die Stadt Bonn sei wirtschaftlich sinnvoll, da zahlreiche Patientinnen in die sozialen Regelsysteme übergehen würden. Die Quote der Patientinnen, die der AKSB in die Regelversorgung integrieren konnte, liege bei mehr als 30 Prozent und sei somit mehr als doppelt so hoch wie vor dem Start des Projekts angenommen. Somit sei die Gesundheitsversorgung, die der AKSB seinen Patient*innen anbieten könne, nicht nur barrierefrei, sondern auch ökonomisch günstig. Der Schritt aus der „Illegalität“ und prekären Lebensverhältnissen bedeute für die betroffenen Menschen einen großen Zuwachs an Lebensqualität.
Das Projekt Clearingstelle des Vereins Anonymer Krankenschein wurde im vergangenen Jahr neben zwei weiteren Projekten mit dem Heimatpreis Bonn ausgezeichnet. Die Jury habe das Projekt darüber hinaus für den landesweiten Heimatpreis NRW vorgeschlagen.
Über das Projekt Anonymer Krankenschein Bonn: Das Modellprojekt geht zurück auf einen Bürgerantrag des Vereins Anonymer Krankenschein Bonn, der sich wiederum aus dem Bonner Verein Medinetz Bonn gegründet hatte. Gemeinsam mit AKSB hatte das Amt für Soziales und Wohnen ein Konzept erarbeitet. In Bonn haben schätzungsweise 5.000 Personen keinen Zugang zu einer angemessenen Gesundheitsversorgung. Dies betrifft vor allem Menschen ohne Papiere oder Obdachlose sowie Menschen ohne Krankenversicherung beziehungsweise mit eingeschränktem Leistungsanspruch, weil sie Beitragsschulden haben. Auch erwerbslose Bürger*innen aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union seien häufig betroffen.
Das oberste Ziel des Modellprojektes sei es, den Betroffenen wieder Zugang zur regulären Gesundheitsversorgung zu verschaffen. In der so genannten Clearingstelle des Vereins könnten Betroffene klären lassen, wie ihr Status sei und wie eine medizinische Behandlung ermöglicht werden könne. In der Anlaufstelle arbeiteten Fachkräfte aus den Bereichen Medizin, Sozialarbeit, Sozialversicherung und Verwaltung zusammen, um die Lebensumstände und Problemlagen der Betroffenen bestmöglich zu erfassen und individuelle Hilfe zu leisten.
Sollten Leistungsansprüche nicht oder aus medizinischer Sicht nicht rechtzeitig einlösbar sein, werde ein anonymer Krankenschein ausgestellt. Diesen könnten Patient*innen in der behandelnden Praxis vorlegen. Die Ärztinnen und Ärzte rechneten die erbrachte medizinische Leistung mit dem Verein ab.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung von Stadt Bonn / Veröffentlicht am 04.03.2024