Nachdem Saarbrücken den Klimanotstand ausgerufen hatte, wurden zahlreiche Maßnahmen umgesetzt, um der Verantwortung zur Bekämpfung der Klimakrise gerecht zu werden, erklärte Oberbürgermeister Uwe Conradt. Die Klimakrise stellt besonders Städte vor riesige Herausforderungen, fügte er hinzu. Als Landeshauptstadt stellt sich Saarbrücken diesen Herausforderungen, indem es seinen Beitrag zur Reduzierung von Emissionen leistet und gleichzeitig Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel umsetzt. Conradt betonte, dass sie ihre Verwaltung in Richtung Zukunft lenken und gleichzeitig ein Vorbild für eine nachhaltige Stadtgesellschaft sein wollen.
Bürgermeisterin Barbara Meyer bezeichnete die Klimakrise als die zentrale Aufgabe ihrer Generation. Es gehe darum, das wirtschaftliche Wachstum von der Ausbeutung der natürlichen Ressourcen zu entkoppeln, sagte sie. Nun sei es an der Zeit, das Handeln an der Zukunft auszurichten und Saarbrücken grüner, klima- und artenfreundlicher zu gestalten – sowohl für die aktuelle Generation als auch für die nachfolgenden Generationen. Nach rund fünf Jahren Klimanotstand möchten sie nun Bilanz ziehen, um transparent über den aktuellen Stand ihrer Bemühungen zu berichten, fügte Meyer hinzu.
KLIMASCHUTZKONZEPT UND NEUE KLIMAZIELE Die Landeshauptstadt hat ein integriertes Klimaschutzkonzept erarbeitet, das als Entscheidungsgrundlage für die Planung von Klimaschutzaktivitäten der Verwaltung dient. Insgesamt wurden 34 Maßnahmen in verschiedenen Bereichen definiert, darunter erneuerbare Energien, Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel, Beschaffungswesen, eigene Liegenschaften, Mobilität, Wärme und Kälte, Monitoring und Controlling.
Für Saarbrücken wurde beschlossen, bis spätestens 2045 klimaneutral zu sein, fünf Jahre früher als im Beschluss zum Klimanotstand vorgesehen war. Die Stadt hat konkrete CO2-Einsparziele festgelegt, deren Einhaltung in festgelegten Abständen überprüft wird. Die Energie- und Treibhausgasbilanz für die Landeshauptstadt wird in diesem Jahr fortgeschrieben.
Auf Basis des erarbeiteten Konzepts hat die Stadt eine Anschlussförderung für die Verstetigung des Klimaschutzmanagements erhalten. Seit November 2022 kümmern sich zwei Klimamanager in der Stadt um die Umsetzung des integrierten Klimaschutzkonzepts.
COVENANT OF MAYORS Saarbrücken ist seit 2022 Mitglied im Covenant of Mayors auf Vorschlag von Oberbürgermeister Conradt und nach Beschluss durch den Stadtrat. Dabei handelt es sich um eine Bewegung, bei der sich die beteiligten Städte dazu verpflichten, die Energieeffizienz und Nutzung nachhaltiger Energiequellen zu steigern. Der Covenant of Mayors wurde von der Europäischen Kommission ins Leben gerufen, um Kommunen bei der Umsetzung einer nachhaltigen Energiepolitik zu unterstützen.
VERKEHRSWENDE Um den Radverkehr in Saarbrücken weiter zu fördern, hat die Stadt neben dem sukzessiven Ausbau des Radwegenetzes eine Fahrradstraße und eine Fahrradzone geschaffen, in denen der Radverkehr Vorrang hat. Die Fahrradstraße Hohenzollernstraße ist eine Radhauptverbindung. Sie erschließt mit verschiedenen Einzelhandelsstandorten, Bildungseinrichtungen und vier Saar-Brücken wichtige Ziele des Radverkehrs. Die Fahrradzone Nauwieser Viertel als wichtiger Baustein im Radwegenetz der Landeshauptstadt wurde sogar prämiert. Sie hatte den dritten Platz beim Deutschen Fahrradpreis 2022 in der Kategorie „Infrastruktur“ belegt.
Weitere bedeutende Radverkehrsinfrastrukturprojekte sind zurzeit in der Umsetzung. Beispielhaft zu nennen sind der Radweg Metzer Straße, die geplante Realisierung eines Fahrradparkhauses am Saarbrücker Hauptbahnhof und die geplante Einrichtung einer Fahrradstraße in der Beethovenstraße.
Im vergangenen Jahr hat die Landeshauptstadt das Modellprojekt „Tempo 30 in der Innenstadt“ umgesetzt. Dadurch sollen der Lärm reduziert, die Verkehrssicherheit erhöht und die Luftqualität verbessert werden. Insgesamt 14 Straßen sind Teil des Modellprojekts. Von der Luisenbrücke bis zur Bismarckbrücke und von der Saar bis zur Richard-Wagner-Straße gilt eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 Stundenkilometer. Durch die Kombination von bereits bestehenden Tempo 30-Straßenabschnitten auf Hauptstraßen mit zusätzlichen Abschnitten entstand ein flächendeckendes und nachvollziehbares Gebiet. Die Landeshauptstadt Saarbrücken ist mit dem Projekt Vorreiter in Deutschland.
Mit Fördermitteln des Bundesverkehrsministeriums hat die Landeshauptstadt ein E-Mobilitätskonzept erarbeitet, um auf die zukünftig wachsende Anforderung im Bereich E-Mobilität vorbereitet zu sein. In diesem Jahr wird der Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastrukturen auf deutlich über 150 Ladepunkte erfolgen, nachdem Ende 2019 erst 25 Ladepunkte vorhanden waren.
Seit Juni 2021 erhebt die Verwaltung keine Parkgebühren mehr an den E-Ladestationen im öffentlichen Verkehrsraum während des Ladevorgangs. Mit dieser Maßnahme steht die Stadt zu ihrem klaren Bekenntnis, die umweltfreundliche E-Mobilität im öffentlichen Verkehrsraum in Saarbrücken voranzutreiben.
Im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) erfolgt die sukzessive Umstellung der Busflotte gemäß den Vorgaben der „Clean Vehicle Directive“ auf emissionsfreie beziehungsweise emissionsarme Fahrzeuge.
Saarbrücken steht als moderne Großstadt neuen Mobilitätskonzepten offen gegenüber. Dazu gehören auch E-Scooter und Pedelecs als umweltfreundliche und unkomplizierte Alternative beziehungsweise Ergänzung zu anderen Verkehrsmitteln. Durch die Kooperation mit einem privaten Anbieter zum stadtweiten Verleih von E-Scootern und Pedelecs wird eine klimaschonende Mikromobilität gefördert und Wegeketten ohne Pkw werden erleichtert.
Unter Berücksichtigung der Fördermöglichkeiten und der Wirtschaftlichkeit werden für den städtischen Fuhrpark emissionsarme Pkw, Busse und Kleintransporter angeschafft.
ERNEUERBARE ENERGIEN: SOLAR- UND WINDKRAFT Zur Förderung des Ausbaus von Solarenergie wurde im Jahr 2022 auf Vorschlag der Verwaltung ein 7-Punkte-Aktionsprogramm beschlossen, das aus folgenden Punkten besteht:
Teilnahme am bundesweiten Städtewettbewerb „Wattbewerb“ Standardmäßige Realisierung von Photovoltaik-Anlagen (PV-Anlagen) bei städtischen Neubauten und Dachsanierungen Nachträgliche Realisierung von PV-Anlagen auf städtischen Bestandsgebäuden Scan städtischer Freiflächen nach möglichem PV-Freiflächenpotential Vorgabe einer verbindlichen Solarenergienutzung in Bebauungsplänen Prüfung einer gesamtstädtischen Satzung für eine verpflichtende Vorgabe von Solaranlagen bei Neubau und Dachsanierung Empfehlung an die Tochtergesellschaften zur Realisierung von PV-Anlagen Seit Ausrufung des Klimanotstandes im Jahr 2019 für Saarbrücken wurden im Saarbrücker Stadtgebiet insgesamt rund 1.200 PV-Anlagen mit einer Gesamtleistung von 16 Megawattpeak (MWp) installiert. Aktuell befinden sich rund 2.800 Anlagen mit einer installierten Gesamtleistung von rund 43 MWp am Netz. Weitere PV-Anlagen mit einer Gesamtleistung von mehr als 6 MWp sind laut Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur in Saarbrücken bereits registriert, aber noch nicht am Netz oder befinden sich zurzeit konkret in Planung. Damit kann in der Landeshauptstadt bald die 50 MWp-Marke erreicht werden. Bei dem Großteil der Anlagen handelt es sich bisher um private Dachflächen-PV-Anlagen. Im Vergleich zu diesen Daten waren es vor dem Jahr 2019 nur rund 1.600 Anlagen mit einer installierten Leistung von 27 MWp.
Hinzu wird zeitnah die in der Genehmigung befindliche PV-Anlage auf der Halde Hirschbach in Dudweiler mit einer Leistung von rund 12 MWp kommen.
Auf stadteigenen Liegenschaften sind inzwischen 81 PV-Anlagen mit einer Gesamtleistung von rund 3,5 MWp errichtet. Im Vergleich zu 2019 ist das ein Plus von rund 33 Prozent. Der Anteil der Leistung von PV-Anlagen auf stadteigenen Liegenschaften an der Gesamtleistung aller Anlagen im Stadtgebiet liegt damit bei rund 8 Prozent.
Wo es rechtlich möglich ist, schreibt die Landeshauptstadt die Nutzung von Photovoltaik über das Instrument des Bebauungsplans vor. Die Verabschiedung einer gesamtstädtischen Satzung, mit der eine verpflichtende Vorgabe zur Realisierung von PV-Anlagen bei Neubauten gemacht werden könnte, ist bisher rechtlich nicht möglich.
Im Bereich der Windenergie ist im Jahr 2023 der Windpark Gersweiler mit zwei Anlagen, die eine Leistung von 4,2 und 5,56 Megawatt (MW) haben, in Betrieb genommen worden. Zusammen mit dem bereits am Pfaffenkopf seit 2021 laufenden Windrad mit einer Leistung von 3 MW ist Windenergie nach Photovoltaik zur zweitwichtigsten erneuerbaren Energie in Saarbrücken geworden.
Seit 2019 hat sich die Leistung aus Photovoltaik und Windkraft um rund 30 MWp gesteigert. Das ist im Vergleich zu 2019 mehr als eine Verdopplung.
ENERGIEEINSPARUNG Anlässlich der durch den russischen Überfall auf die Ukraine bedingten Energieknappheit und -verteuerung hat die Verwaltung eine Arbeitsgruppe (AG) Energieeinsparung gebildet, die kurz- und mittelfristige Einsparmöglichkeiten suchen und umsetzen soll. Durch die in der AG besprochenen Sofortmaßnahmen und die vom Bund aufgelegten Verordnungen konnte der Wärmeenergieverbrauch der städtischen Liegenschaften um 20 Prozent gesenkt werden. Die AG besteht weiter fort und soll auch in Zukunft fachamts- und eigenbetriebsübergreifend sinnvolle Maßnahmen zur Energieeinsparung erarbeiten und umsetzen.
Zudem wurde im Jahr 2019 von der Stadt in Kooperation mit der Firma Comet, einem Schwesterunternehmen der Stadtwerke Saarbrücken Netz AG, ein Pilotprojekt im Bereich Energiedaten-Monitoring gestartet. Dieses soll eine noch effizientere Erfassung und Übermittlung von Verbrauchsdaten gewährleisten. Die in den Gebäuden verbaute Sensorik erfasst verschiedenste Daten wie Temperatur, Raumklima, Tür- und Fensterkontakte. Die dadurch gewonnenen Informationen über die entsprechenden Gebäude sollen herangezogen werden, um den Ressourcenverbrauch und somit die CO2-Reduzierung zu optimieren.
KLIMAANPASSUNG Im Jahr 2022 hat der Stadtrat auf Vorschlag der Verwaltung eine gesamtstädtische Begrünungssatzung beschlossen. Diese soll vor allem dafür sorgen, dass bei neuen Bauvorhaben mehr begrünte Flächen erhalten bleiben beziehungsweise entstehen. Sie enthält Vorgaben zur Begrünung sowie zu Baumpflanzungen auf Freiflächen und sieht auch für bestimmte Dach- und Fassadenflächen eine Begrünung vor. Neue Kies- oder Schotterflächen abseits von Funktionsflächen wie Terrassen oder Stellplätzen anzulegen, ist laut Satzung nicht mehr zulässig. Außerdem beinhaltet sie klare Vorgaben für die Begrünung von Stellplatzflächen.
Mit der Satzung soll das Ziel erreicht werden, die Versiegelung von Flächen künftig auf das notwendige Minimum zu reduzieren. Um Anreize für Bestandsflächen und -gebäude zu schaffen, wurde begleitend eine Förderrichtlinie erarbeitet und vom Stadtrat verabschiedet. Durch Zuschüsse sollen vor allem Privatpersonen motiviert werden, bestehende Flächen zu entsiegeln und Dachflächen zu begrünen. Hierzu stehen jährlich 50.000 Euro zur Verfügung.
Die Landeshauptstadt prüft selbst bei jeder baulichen Veränderung, ob die Entsiegelung von Flächen und die Pflanzung neuer Bäume realisierbar sind. Beispiele sind die Aufwertung des Hambacher Platzes, die Renaturierung des Pulverbachs und die Umgestaltung der Grundschule Ost.
Die Stadt beteiligt sich darüber hinaus an dem Bundesprogramm „Anpassung urbaner Räume an den Klimawandel“, unter anderem mit der Umgestaltung des Burbacher Marktes.
Zudem besteht bereits seit 1983 eine Baumschutzsatzung, die hohen Anforderungen an die Fällung von Bäumen im Stadtgebiet stellt. Bäume mit einem Stammdurchmesser von über 80 Zentimetern dürfen nur mit Genehmigung gefällt werden. Genehmigungen sind lediglich in Ausnahmefällen und unter der Auflage von Ersatzpflanzungen überhaupt möglich.
Seit August 2023 beschäftigt die Landeshauptstadt als erste saarländische Kommune einen Klimaanpassungsmanager. In Zusammenarbeit mit verschiedenen städtischen Akteuren soll er Saarbrückens Anpassungsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel erhöhen und die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger steigern. Dies beinhaltet beispielsweise Maßnahmen zur Förderung von umweltfreundlicher Mobilität und klimaangepasstem Stadtgrün sowie für eine nachhaltige städtebauliche Planung.
Darüber hinaus werden zurzeit ein Starkregenvorsorgekonzept, ein Regenwasserschutzkonzept und ein umfangreicher Hitzeaktionsplan inklusive Hitzealarmplan zur Erstellung einer Notfallinfrastruktur für die Versorgung der Bevölkerung bei Hitzewellen erarbeitet.
NACHHALTIGKEITSSTRATEGIE Der Saarbrücker Stadtrat hat im Februar dieses Jahres die Nachhaltigkeitsstrategie für die Landeshauptstadt beschlossen. Dabei handelt es sich um ein Strategiepapier, das der Verwaltung konkrete Leitlinien für nachhaltiges Handeln in den fünf Handlungsfeldern „Verwaltung und globale Verantwortung“, „Umwelt, Klima und Energie“, „Stadtplanung und Mobilität“, „Soziales, Gesundheit und Kultur“ sowie „Finanzen und Wirtschaft“ gibt.
BÜRGERBETEILIGUNG Seit 2022 zeichnet die Landeshauptstadt bereits realisierte Projekte und besonderes Engagement mit dem Umwelt- und Klimaschutzpreis aus. Im Rahmen des Wettbewerbes werden mit insgesamt 10.000 Euro dotierte Prämien vergeben. Unternehmen können mit einer Urkunde ausgezeichnet werden. Die Jury, bestehend aus Mitgliedern des Umweltausschusses der Landeshauptstadt, berät sich jährlich zu den eingereichten Projekten. Bei dem ebenfalls jährlich stattfindenden Wettbewerb „KlimaKids Saarbrücken“ mit Preisgeldern in Höhe von insgesamt 15.000 Euro können sich städtische Schulen und Kitas mit ihren Projekten einbringen.
Die Landeshauptstadt informiert über viele Kanäle zum Thema Klimaschutz. Dazugehören aktuelle Infos zu klimaschutzrelevanten Themen auf der städtischen Webseite sowie regelmäßige Beiträge im städtischen Mitteilungsblatt. Außerdem informiert und sensibilisiert die Stadt im Rahmen von Veranstaltungen wie der „Klima.Con“. Dabei handelt es sich um eine praxisnahe Veranstaltung mit Messecharakter für alle, die sich für das Thema Klimaschutz interessieren.
Seit Februar 2023 nimmt die Landeshauptstadt am Projekt „KlikKS – Klimaschutz in kleinen Kommunen und Stadtteilen“ teil. Interessierte können sich als ehrenamtliche Klimaschutzpatinnen und -paten melden und sich für ihr Quartier oder ihren Stadtteil mit eigenen Klimaschutzprojekten einsetzen.
Bereits im Jahr 2020 wurde ein Arbeitskreis mit Vertreterinnen und Vertretern verschiedener Bürgerinitiativen gebildet, der zur Maßnahmengestaltung im Rahmen des künftigen Klimaschutzmanagements beitragen soll. Bürgerinitiativen sind wichtige Akteure im sozialen Gefüge der Landeshauptstadt, daher ist es wichtig, sie in den Klimaschutzprozess einzubinden. Aus dieser Kooperation entstand das Projekt DuDoMobil. Das Pilotprojekt ist eine Initiative für menschen- und klimagerechte Mobilität in Dudweiler. Der BUND (Ortsgruppe Saarbrücken) hat es mit Unterstützung des Amtes für Klima- und Umweltschutz der Landeshauptstadt ins Leben gerufen.
Dieser Text basiert auf einer Pressemitteilung von Stadt Saarbrücken / Veröffentlicht am 17.04.2024